5 PUNKTE, die Dir wirklich zeigen, was ein reguliertes Nervensystem bedeutet inkl. Praxisbeispiele
Wenn ich mich auf Social Media umschaue, habe ich das Gefühl, dass das autonome Nervensystem (ANS) in aller Munde ist.
Gefühlt jeder zweite Coach spricht darüber und scheint Experte zu sein.
Und natürlich kann das ANS eine Schlüsselfigur für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden sein, gar keine Frage.
Aber hast Du wirklich verstanden, was es bedeutet, ein reguliertes Nervensystem zu haben?
Wie sieht ein reguliertes Nervensystem in Deinem Berufsalltag aus?
Es ist gut möglich, dass Du Dich schon eine Weile mit autonomem Nervensystem beschäftigst, aber irgendwie hat es bisher nicht so richtig klick gemacht. Gelegentlich machst Du somatische Übungen, die auch helfen, aber Du schaffst es nicht, vor allem nicht in der Klinik, dauerhaft entspannt zu sein, denn irgendwas ist immer!
Jetzt kommt hier die entscheidende Frage: Ist es denn Ziel, dauerhaft entspannt zu sein?
Und ich meine die Frage wirklich ernst und durchaus kritisch.
Denn lass uns mal überlegen, wie es aussieht, immer tiefenentspannt im Praxis-/Klinikalltag zu sein.
Ich nehme an, wir würden vielleicht trödeln, Behandlungen maßlos überziehen, sodass eine riesige Warteschlange sich bildet.
Vielleicht würden Notfälle nicht mehr ganz so ernst nehmen, bzw. wären so lässig, dass es schon mal passieren kann, dass die Herz-OP ins Wasser fällt.
Vielleicht würden wir denken „ah ist doch egal, welcher Winkel die Hüfte an der Beinpresse Post-OP hat“, was vielleicht zur Luxation dieser führen könnte.
Oder die alte Dame im Pflegeheim bleibt in ihrer verschi*enen Unterhose, weil Du lieber noch in Seelenruhe einen Kaffee trinken willst.
Das sind jetzt krasse Beispiele, aber Du merkst, worauf ich hinaus will.
Also kann es ja gar nicht sein, dass wir immer entspannt sein wollen, oder?
Jetzt denkst Du Dir aber vielleicht, „ja Moment mal, aber wir wollen doch weniger Stress und ein entspannteres Leben, auch im Berufsleben! Gerade wir haben es doch verdient!“
Und da stimme ich Dir absolut zu.
Es ist wie so oft, die Mischung. Das Maß der Dinge.
Wie sieht es also aus, das regulierte Nervensystem und was bedeutet es wirklich?
Dahin mag ich Dich vor allem anhand von Beispielen einer Physiotherapeutin in der Praxis mitnehmen.
Ein reguliertes Nervensystem hat 5 bestimmte Fähigkeiten:
Flexibilität: Ein reguliertes Nervensystem kann sich flexibel an verschiedene Anforderungen anpassen. Es kann zwischen verschiedenen Zuständen wie Ruhe, Aktivität und Stress angemessen wechseln, ohne in einen dauerhaften Zustand der Überaktivierung oder Unteraktivierung zu geraten.
Bsp.: Du als Physiotherapeutin kannst schnell auf Veränderungen im Zustand Deiner Patienten oder in den Anforderungen des Behandlungsplans reagieren und entsprechend handeln, ohne dass eine Überforderung auftritt wie z.B. ein Blackout oder dass Du innerlich in völlige Panik gerätst.
Stressreaktion: Es kann eine angemessene Stressreaktion zeigen, die es dem Körper ermöglicht, auf potenziell bedrohliche Situationen zu reagieren, aber auch schnell wieder in einen Zustand der Ruhe und Erholung zurückzukehren, sobald die Bedrohung vorüber ist.
Bsp.: Deine Patientin kommt zu spät, was Dich stresst, aber als sie endlich da ist, fährst Du innerlich wieder runter & kannst sie in Ruhe behandeln.
Emotionale Regulation: Ein reguliertes Nervensystem unterstützt auch die Fähigkeit zur emotionalen Regulation. Das bedeutet, dass eine Person in der Lage ist, ihre Emotionen zu erkennen, zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren, anstatt von ihnen überwältigt zu werden.
Bsp.: Das Schicksal von Frau Müller bewegt Dich, als sie Dir unter Tränen von ihrer Krebsdiagnose erzählt. Aber Du weinst nicht mit ihr mit, sondern reagierst angemessen mitfühlend, ohne dass Dich Deine eigenen Emotionen überkommen.
Empathie & Mitgefühl: Menschen mit einem regulierten Nervensystem können in der Regel bessere zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen, da sie in der Lage sind, sich einfühlsam auf andere einzustellen und angemessen auf ihre Bedürfnisse zu reagieren. Dies fördert ein Gefühl der Verbundenheit und Unterstützung in sozialen Interaktionen.
Bsp.: Du erkennst, dass Herr Maier heute ziemlich erschöpft ist und passt Deine Behandlung dementsprechend an.
Kognitive Funktionen: Es beeinflusst auch kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit, Konzentration und Lernfähigkeit, da diese eng mit dem Zustand des Nervensystems verbunden sind.
Bsp.: Du beobachtest die Fortschritte von Frau Schulze ganz genau und siehst, dass sie bereit ist, den nächsten Schritt im Behandlungsplan zu machen.
Insgesamt bedeutet ein reguliertes Nervensystem, dass die verschiedenen Teile des autonomen Nervensystems in einem ausgewogenen Zustand arbeiten, was zu einem Gefühl von Wohlbefinden, emotionaler Stabilität und effektiver Anpassungsfähigkeit führt und nicht zur dauerhaften Entspanntheit.
Natürlich ändert das im ersten Moment nichts an dem katastrophalen Zustand in unserem maroden Gesundheitssystem, aber es ändert auf jeden Fall Deine Welt, und dadurch vielleicht ja auch das Gesundheitssystem :)
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